Produktentwicklung in der Kreislaufwirtschaft
Nachbericht: 7. Treffen der Austauschplattform zirkuläre B2B Elektronik
09.10.2024
Die Austauschplattform „Zirkuläre B2B Elektronik“ war am 09. Oktober 2024 für ihr siebtes Treffen zu Gast bei der PHOENIX CONTACT Electronics GmbH in Bad Pyrmont. 27 Vertreterinnen und Vertreter von Herstellern, Entsorgern, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Netzwerken, Verbänden sowie des Umwelt- und des Wirtschaftsministeriums (MUNV und MWIKE) NRW nahmen teil und diskutierten über Produktentwicklung in der Kreislaufwirtschaft.
Die Phoenix Contact GmbH & Co. KG wurde 1923 gegründet und hat ihren Stammsitz in Blomberg, Kreis Lippe. Weltweit werden ca. 21.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, davon ungefähr die Hälfte in Deutschland (10.200).
Das Produktspektrum umfasst Komponenten und Systemlösungen für die Prozessindustrie, die Energieversorgung, den Geräte- und Anlagenbau sowie für die Bereiche Infrastruktur und Elektromobilität. Dazu gehören Klemmen, Steckverbinder, Kabelanschlusstechnik und Installationszubehör sowie elektronische Interfaces, Stromversorgungen, Automatisierungssysteme, Sicherheitslösungen, Überspannungsschutzsysteme sowie Software-Programme und -Tools.
Das Unternehmen ist ein Treiber der „All Electric Society“ - eine Welt, in der Energie aus erneuerbaren Ressourcen in ausreichendem Maße und bezahlbar zur Verfügung steht. In der nicht nur konsequent regenerative Energie erzeugt und genutzt wird, sondern zusätzlich der primäre Energiebedarf durch Effizienzmaßnahmen gesenkt wird und intelligente und vernetzte Systeme geschaffen werden. Lösungen und Technologien für die Elektrifizierung, Vernetzung und Automatisierung sind dabei der Schlüssel. Sie werden benötigt, um die Sektorenkopplung zu realisieren, in der regenerativ erzeugte Energie aus Sonne, Wasser und Wind bedarfsgerecht eingesetzt wird.
Dr.-Ing. Frauke Reinders, Head of Sustainability Management Industry Management and Automation stellte vor, wie das Unternehmen die Themen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft systematisch in die Unternehmensstrategie integriert. PHOENIX CONTACT richtet sein Geschäftsmodell auf nachhaltiges Wirtschaften aus und handelt konform zum 1,5 Grad Ziel nach dem Pariser Abkommen. Grundlage ist das ESG Modell – Environmental, Social und Governance. Über verschiedene Maßnahmen sollen bis 2030 Emissionen im Scope 3 signifikant reduziert werden. Bis 2050 soll ein Netto-Null Ziel erreicht werden.
Aktuell strebt das Unternehmen die Zertifizierung eines Steuerungsproduktes nach Cradle to Cradle an. Dabei werden die fünf Kriterien Materialgesundheit, Kreislauffähigkeit, Saubere Luft und Klimaschutz, Verantwortungsvoller Umgang mit Boden und Wasser sowie Soziale Gerechtigkeit berücksichtigt. Es werden die vier Grade Bronze, Silber, Gold und Platin vergeben. Das vergebene Siegel muss alle zwei Jahre erneuert werden, wobei eine höhere Stufe angestrebt werden soll. Daneben ist PHOENIX CONTACT Partner im Projekt „CIRCLE – Cross-Industry Realization of Circular Lifecycle Engineering”. Hier werden in enger Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie gemeinsam Methoden des Circular Lifecycle Engineering entwickelt und erprobt.
In zwei Arbeitsgruppen wurde am Beispiel einer Industrie Switch engagiert diskutiert, welche Stellschrauben es gibt, ein Produkt kreislaufähiger zu machen. Die Fragen drehten sich dabei um:
- Kann über das Prinzip „Hardware as a Service“ eine Rohstoffsicherung in der Elektronikbranche unterstützt werden?
- Der Energieverbrauch während der Nutzungsphase ist die Hauptkomponente für CO2 Emissionen, muss der Herstellungsprozess weiter optimiert werden?
- Welche Bauteile haben einen besonders hohen CO2-Fußabdruck?
- Wie kann der Digitale Produktpass die Kreislauffähigkeit bei Platinen und Gehäusen unterstützen?
- Wie können neue Systemdesigns aussehen wie z.B. Steckplätze statt separater Gehäuse?
- Ist das Produkt „überfunktional“? Wie können durch ein frugales Produktdesign Ressourcen eingespart werden und wie kann die Attraktivität am Markt gleichzeitig verbessert werden?
- Wie können alternative Werkstoffe für Leiterkarten aussehen? Wäre Glas eine Alternative?
- Wie können Materialien substituiert werden wie z.B. durch den Einsatz von Rezyklaten oder biobasierten Kunststoffen?
- Kann die Materialzusammensetzung der Kunststoffe reduziert oder stärker vereinheitlicht werden, um eine Recyclingfähigkeit zu erhöhen?
- Welche R-Prinzipien wie Repair oder Reuse hätten Potenziale? Kann die Lebensdauer erhöht werden oder eine Wiederverwendung des Kunststoffgehäuses erfolgen?
- Gibt es ausreichende Kenntnisse über den Lebensweg des Produktes nachdem es das Unternehmenstor verlassen hat?
- Kann eine Rückführung des Produktes gelingen, z.B. über Händler? Muss dafür das Geschäftsmodell geändert werden?
- Können an die eigenen Komponenten- und Materiallieferanten wie z.B. für Lötzinnpasten höhere Anforderungen mit Blick auf Zirkularität gestellt werden?
- Wie reagiert der Markt auf zirkuläre Produkte?
- Wie sieht ein guter Strategiemix bei der Umsetzung einer Circular Economy in Unternehmen aus, der Schritt für Schritt Ergebnisse erzielt und nicht zu einer Überforderung führt?
Wie geht es weiter?
Die ersten sieben Treffen wurden eng vom Umwelt- und vom Wirtschaftsministerium NRW begleitet, die sich mit diesem Treffen verabschiedeten. Cornelius Laaser, Referatsleiter im NRW-Umweltministerium, bedankte sich auch im Namen des NRW-Wirtschaftsministeriums für die vielen wertvollen Erkenntnisse dieser Treffen. Teile davon sind bereits in die Kommentierung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie eingeflossen.
Thementisch Zirkuläre Elektronik
Die Ergebnisse werden auch einen Beitrag zur NRW-Kreislaufwirtschaftsstrategie leisten. Das Thema zirkuläre Elektronik wird durch die beiden Ministerien auf NRW-Ebene weiterverfolgt werden.
Ein Teil der Ergebnisse ist in einem Beitrag in der Fachzeitschrift „Müll und Abfall“ des Erich Schmidt Verlags veröffentlicht. In dem Beitrag wird die Tätigkeit der Austauschplattform in die regulatorischen Rahmenbedingungen auf europäischer und auf nationaler Ebene eingeordnet. Zudem werden die identifizierten Herausforderungen sowie Handlungsbedarfe dargestellt und die Stakeholder-Perspektiven sowie Hemmnisse und Chancen für die Kreislaufwirtschaft zusammengefasst. Die Erstellung des Beitrags erfolgte unter der Beteiligung von InnoZent OWL, des MUNV NRW sowie des INZIN Instituts; dieser ist online verfügbar.
Die Austauschplattform wird im Rahmen des Runden Tisches Zirkuläre Wertschöpfung NRW fortgeführt. Das 8. Treffen findet am Mi, 14.05.2025 von 13-16 Uhr bei HANNING ELEKTRO-WERKE in Oerlinghausen statt.
Über die Austauschplattform „Zirkuläre B2B Elektronik“:
Die Austauschplattform zirkuläre B2B (Business to Business) Elektronik zielt darauf ab, relevante Akteursgruppen auf NRW-Ebene zusammenzubringen, notwendige Rahmenbedingungen, Herausforderungen und Umsetzungshemmnisse im industriellen Elektronikbereich zu identifizieren und mit Blick auf konkrete Handlungsbedarfe zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund treffen sich Akteure aus dem B2B Elektronikumfeld - Hersteller, Entsorger, Verbände / Multiplikatoren, Wissenschaft & Forschung und NRW-Ministerien.
Die Initiative wird getragen von InnoZent OWL e.V./Projekt CE:FIRE in Zusammenarbeit mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Ruhr-OWL, der Hochschule Bielefeld/ Projekt CirQuality OWL plus und den Ministerien für Umwelt, Naturschutz und Verkehr sowie für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Runden Tisches Zirkuläre Wertschöpfung NRW.
Weitere Informationen
Das Projekt CE:FIRE zirkulär.frugal.regenerativ wird mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und des Landes NRW durchgeführt.
Ansprechpartner
Ulrike Künnemann
Zirkuläre Wertschöpfung, Digitalisierung
Projektentwicklung
Telefon: +49 5251 2055 - 915
Michael Kemkes
Fördermittelberatung
Geschäftsführer
Telefon: +49 5251 2055 - 911
Mobil: +49 172 930 2731
Cornelius Laaser & Nora Schneider
Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW
Emilie-Preyer-Platz 1
40479 Düsseldorf
www.umwelt.nrw.de
Bärbel Mauer
Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie NRW
Berger Allee 25
40213 Düsseldorf
www.wirtschaft.nrw
Prof. Dr.-Ing. Eva Schwenzfeier-Hellkamp
Hochschule Bielefeld
Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik
Institut für Technische Energie-Systeme ITES
Interaktion 1
33619 Bielefeld
www.hsbi.de/ium/ites
Weiterführende Informationen
Austauschplattform zirkuläre B2B Elektronik
Veranstaltungen und Workshops
ElektronikForum OWL
CE:FIRE