15. Elektronikforum OWL

Besuch des IoT Xperience Centers des Fraunhofer IEM - Herausforderungen in der Bauteilbeschaffung

Gastgeber des 15. Treffens des Elektronikforums OWL am 26. Januar 2023 war Thomas Mager vom Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM in Paderborn. Das Forschungsinstitut entwickelt intelligente mechatronische Systeme für die Industrie – und schafft so wichtige Grundlagen für erfolgreiche vernetzte Produkte und Produktionssysteme.

Das Fraunhofer IEM begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einer Führung durch das IoT Xperience Center und das MID Lab. Das IoT Xperience Center ist eine zentrale Begegnungsstätte für das Internet der Dinge, in der Entwicklungspartner gemeinsam IoT-Projekte vorbereiten und umsetzen. Ob im Bereich Smart Production, Smart Home oder Car2X-Kommunikation – die Infrastruktur bietet die passenden Rahmenbedingungen, um innovative Projekte voranzutreiben. Das MID Lab bietet insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen sowie Original Equipment Manufacturern (OEM) aus den Bereichen Elektronikfertigung, Sensorik, Automotive, Avionik, Medizintechnik sowie der Anlagen- und Automatisierungstechnik eine ideale Umgebung, um ihre Ideen und Produktkonzepte für 3D-Elektroniken umzusetzen – von der Designphase über funktionale Prototypen bis hin zur Kleinstserie.

Der zweite Teil des Treffens drehte sich um die aktuellen Herausforderungen in der Bauteilbeschaffung, von denen alle Hersteller akut betroffen sind. Elektronikbauteile befinden sich auf einem Nachfragehoch und der Markt hat sich zu einem Verkäufermarkt entwickelt. Hier sind die Auswirkungen der über einen langen Zeitraum unter der vorrangigen Maßgabe der Kostenoptimierung herausgebildeten störanfälligen Lieferketten (u.a. Corona, Ausfall von Produktionsstätten, Störung der Transportketten) in Form von Rohstoffknappheit spürbar. Diese haben zu einem Überbedarf an Elektronik geführt und damit eine Bauteilverknappung flankiert von Hamsterkäufen ausgelöst. Dies führt zu teilweise außergewöhnlichen und massiven Lieferverzögerungen bzw. zu der Frage, ob überhaupt geliefert werden kann. Weiterhin gibt es gravierende Preissteigerungen, die in der Regel nicht 1:1 an die Kunden weitergegeben werden können, d.h. Unternehmen bleiben auf den Mehrkosten sitzen. Dabei ist es für viele Unternehmen keine Option, aufgrund dieser schwierigen Situation die eigenen Lieferverpflichtungen nicht zu erfüllen, insbesondere wenn dadurch die eigenen Kunden von Produktionsstillständen bedroht werden. Hier spielt bei den meisten die eigene Liefersicherheit eine größere Rolle als der Preis.

Gleichzeitig berichteten viele Unternehmen, dass von den eigenen Lieferanten die vereinbarten Festpreise häufig nicht eingehalten oder sogar Auftragsbestätigungen nicht erfüllt werden, d.h. Bauteile werden schlichtweg nicht geliefert. Teilweise können Komponenten nur auf Brokermärkten gekauft werden, die dann aber oft nicht entsprechend zertifiziert sind. Eine weitere Erfahrung waren die teilweise unzuverlässigen EDV-Systeme der Anbieter. So waren Bauteile laut System theoretisch verfügbar, aber in der Praxis nicht auffindbar.

Für viele Unternehmen sind mögliche Konsequenzen,

  • das Produktdesign modularer zu entwickeln und sich vom Single Sourcing zu verabschieden, um Abhängigkeiten zu vermeiden,
  • höhere Lagerbestände aufzubauen, die aber mit einer hohen Kapitalbindung und dem Risiko eines teuren Einkaufs mit anschließendem Preisverfall einhergehen bis hin zur
  • Erstellung von Black-Lists für das Produktdesign in Bezug auf Lieferanten, die sich unfair verhalten oder Verträge nicht einhalten.

Zwar scheint sich die Lage in den letzten Wochen gerade ein wenig zu entspannen, aber deutlich wird auch, dass sich die Situation grundlegend geändert hat. Zukünftig gilt es, optimale Kompromisse zu finden, da eine eindimensionale Preisausrichtung nicht mehr zukunftsfähig ist und optimierte Ketten nicht mehr resilient sind. Es bleibt jedoch die Frage, wie sich insbesondere kleinere Unternehmen in den nächsten Jahren gegenüber der Nachfragemacht der großen Unternehmen sowie der herausgebildeten störanfälligen Lieferketten am Markt positionieren können. Von der Politik auf den Weg gebrachte europäische Lösungen haben eine lange Vorlaufzeit und können Knappheiten nur bedingt entschärfen. Weitere Ansätze könnten beispielsweise die Bildung von (regionalen) Beschaffungskonsortien oder die Unterstützung durch Handelsplattformen sein. Auch das Thema Recycling nimmt vor dem Hintergrund der zukünftigen gesetzlichen Anforderungen an Fahrt auf. Allerdings bleibt ein Schreddern bislang nur für die Goldanteile interessant und Hersteller haben wenig Interesse an einer eigenen Zerlegung.

Über das Fraunhofer IEM

Zu der Frage Wie sieht das Engineering der Zukunft aus? entwickelt das Fraunhofer IEM in Paderborn Lösungen – von der Geschäftsidee über die Umsetzung bis zum Markterfolg. Im Fokus stehen intelligente Produkte, Produktionssysteme, Dienstleistungen und Softwareanwendungen. Rund 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten interdisziplinär an neuen Methoden, Werkzeugen sowie Prozessen und setzen innovative Technologien ein. In Kooperation mit dem Heinz Nixdorf Institut der Universität Paderborn gestaltet das Fraunhofer IEM seit 2011 den Forschungsstandort Paderborn und ist im Technologie-Netzwerk it’s OWL langjähriger Partner der Industrie in Ostwestfalen-Lippe.

iem.fraunhofer.de

Das 16. Treffen des Elektronikforums OWL findet am Mittwoch, 24. Mai 2023 von 14-17 Uhr bei der CP contech electronic GmbH in Leopoldshöhe statt.

Über das Elektronikforum OWL

Um Akteure aus Industrie, Forschung und Wissenschaft besser miteinander zu vernetzen, startete InnoZent OWL im Mai 2018 das Elektronikforum OWL. Es bietet eine Plattform für eine Gruppe, die sich ca. 3mal pro Jahr zu den folgenden Punkten austauscht: Sichtung und Bewertung von neuen Trends und Entwicklungen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen, u.a. hinsichtlich einer Circular Economy und Nachhaltigkeit; Potentiale und Anforderungen neuer Anwendungsfelder; Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen sowie neuer Geschäftsmodelle; Förderung und Ausbau der Kooperationen zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen und dem Austausch untereinander. Die Teilnahme ist kostenfrei.

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