Auftakttreffen der Austauschplattform Zirkuläre B2B Elektronik

Bielefeld, 05.09.2022

Für einen großen Teil des weltweiten Müllberges ist mittlerweile Elektroschrott verantwortlich und er ist einer der am schnellsten wachsenden Fraktionen und gleichzeitig einer der umweltkritischsten. Die europäische Umweltbehörde hat berechnet, dass die Menge an Elektroschrott – jährlich nahezu 40 Millionen Tonnen – rund dreimal schneller wächst als jede andere Art von Hausmüll. Und nur 20% dieses Abfalls wird recycelt. Immer kürzere Produktzyklen und die Digitalisierung (Internet of Things) lassen die Anzahl der Elektrokomponenten und damit den Elektroschrottberg immer rasanter anwachsen. 

Gleichzeitig stecken vielfältige Rohstoffe in den Elektroprodukten. Neben Edelmetallen wie Gold, Palladium und Silber spielen seltene und endliche Elemente eine immer wichtigere Rolle bei der Herstellung elektronischer Bauteile. Daher lohnt es sich bzw. wird in Zukunft wahrscheinlich zwingend erforderlich, diese endlichen und knapper werdenden Rohstoffe in Kreisläufen zu halten.

Doch wie können Elektronikkomponenten und deren Rohstoffe tatsächlich in Kreisläufen geführt werden?
Zu diesen Herausforderungen tauschten sich insgesamt 25 Vertreter:innen von Elektronikherstellern, Entsorgern, Verbänden sowie Wissenschaft & Forschung im Rahmen einer neu initiierten Austauschplattform für zirkuläre Business2Business (B2B) Elektronik am 5. September 2022 in den Räumen der Fachhochschule Bielefeld aus.

Bei einer Führung im Vorfeld durch die Labore der Fachhochschule wurden Second Life PV-Module und modulare nach dem Prinzip design for ease of maintenance and repair gestaltete LED Systeme vorgestellt, um erste Lösungsansätze aus der Forschung des Instituts ITES zu präsentieren. 

Im Bereich Konsumelektronik gibt es bereits einige Initiativen wie beispielsweise die Circular Electronics Initiative oder The Electronics Program auf PACE, im Bereich der Industrieelektronik bzw. der Business to Business (B2B) Elektronik sieht dies noch anders aus. Obwohl das Thema Elektronik eine große Rolle im Rahmen des Circular Economy Action Plans sowie in der erweiterten Ökodesign Verordnung für nachhaltige Produkte spielt, ist der Weg dorthin noch lang und mit vielen Stolperfallen versehen. 

Transparenz durch Daten?
Eine wichtige Frage ist, wie Wert- und Schadstoffe in elektronischen Komponenten und Geräten transparent gemacht werden können. Abhilfe soll hier in Zukunft der Digitale Produktpass schaffen. Dessen genaue Gestaltung und Umsetzung ist jedoch in vielen Aspekten noch nicht hinreichend geklärt. Auf der anderen Seite gibt es bereits eine Vielzahl von Datenbanken wie z.B. SCIP (Substances of Concern In articles as such or in complex objects / Products). Hier besteht aktuell noch ein Handlungsbedarf, denn trotz einer großen Datenfülle fehlen immer noch Daten, die wichtig für Entsorger und Recycler wären. Auf der anderen Seite führen die große Datenvielfalt und der enorme Bearbeitungsaufwand dazu, dass einige Hersteller dazu übergehen, die Inhaltsstoffe zugekaufter Bauteile und Materialien mit einer Röntgenspektralanalyse selbst zu untersuchen. Auf Entsorgerseite wurde darauf hingewiesen, dass zukünftig geplante Produkt- und Materialinformationen aktuell keine große Rolle spielen, da die Inhaltsstoffe über eigene Analysen durch Labore teilweise bekannt sind.

Recyclingrisiko langlebiger und verbauter Produkte
Eine besondere Problematik stellen langlebige Produkte dar. Inhaltsstoffe, die vor 10 -15 Jahren zugelassen waren, können nach heutigen Verordnungen zu Schadstoffen werden und nicht mehr recycelt werden. Dieses Risiko besteht gleichermaßen für die heutige Produktentwicklung und dafür gibt es noch keine Lösung. Während Hersteller an dieser Stelle für mehr Deregulierung des Stoffrechts plädieren, befürchten Entsorger eine Zunahme von Mischstoffen, die am Ende nur schwer recyclebar sind. Ein weiteres großes Problem auf der Entsorgungsseite stellen Geräte mit verbauten Akkus und Batterien dar, die nicht mehr entnehmbar bzw. trennbar sind.

Weitere Hürden
Weitere gesetzliche Hürden bestehen im Rahmen der bisherigen Abfallgesetzgebung (KrWG). So dürfen Produkte, die einmal die Abfalleigenschaft erhalten haben, nicht mehr ohne Weiteres in den Verkehr gebracht werden, was Reparaturen oder Wiederaufarbeitung verhindert.

Auf der Wissenschafts- und Forschungsseite gibt es bislang zu wenige Informationen, wie Entwurfszielparameter zukünftig aussehen könnten. Wünschenswert wären weiterhin automatisierte Datenbanken und Tools, die nachhaltige Designs unterstützen.

Ausblick
Trotz all dieser teils derzeit nicht lösbar scheinenden Herausforderungen wurde in der Runde deutlich, dass es wichtig ist, sich auf den Weg zu machen:

  • Hersteller haben ein großes Interesse daran, Partner für zukünftige Entwicklungen zu finden.
  • Auf die Entsorgungsbranche werden neue Anforderungen zukommen.
  • Der Gesetzgeber steht vor der Herausforderung, dass Landes-, Bundes- und EU-Recht aufeinander abgestimmt wird und Unternehmen neue Chancen eröffnet, statt sie zu blockieren.
  • Wissenschaft und Forschung kommt eine wichtige Rolle dabei zu, neue Materialien, Designverfahren und Geschäftsmodelle gemeinsam mit den beteiligten Partnern zu entwickeln und zu erforschen.

"Es ist gut, so viele unterschiedliche Perspektiven an den Tisch bekommen zu haben, um als Basis für nächste notwendige Schritte eine möglichst umfassende Anforderungsübersicht zu erhalten", freuten sich Michael Kemkes und Ulrike Künnemann von InnoZent OWL sowie Prof. Dr. Eva Schwenzfeier-Hellkamp von der Fachhochschule Bielefeld.

"Es zeigt sich immer wieder, dass die Vernetzung und ein gegenseitiges Verständnis aller Akteure ein Schlüsselelement zur Etablierung und Umsetzung der Circular Economy ist. Dazu war dieser Workshop ein hervorragender Auftakt", bilanzierte Cornelius Laaser, Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen.

Ein nächstes Treffen, das sich insbesondere mit dem Design zirkulärer Elektronik befasst, ist für den 1. Dezember 2022 bei dem Unternehmen Weidmueller Interface GmbH & Co. KG in Detmold geplant.
 



Zielsetzung der Austauschplattform zirkuläre B2B Elektronik ist es,

  1. die relevanten Akteursgruppen für den Bereich zirkuläre B2B Elektronik auf NRW-Ebene zu identifizieren, anzusprechen, ihre Themen sichtbar zu machen und sie zu vernetzen,
  2. zukünftige politische und gesetzliche Herausforderungen mit Blick auf die Circular Economy im industriellen Elektronikbereich zu identifizieren und zu "übersetzen",
  3. Förder- und Beratungsmöglichkeiten transparent zu machen,
  4. sinnvolle nächste Schritte für und mit den betroffenen Partnern zu identifizieren sowie
  5. einen Aktionsplan für zirkuläre B2B Elektronik in NRW zu erarbeiten.

Die Austauschplattform ist eine gemeinsame Initiative von InnoZent OWL e.V., der Fachhochschule Bielefeld und den Ministerien für Umwelt, Naturschutz und Verkehr sowie für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Runden Tisches Zirkuläre Wertschöpfung NRW und CirQuality OWL.

Mehr zur Austauschplattform finden Sie hier

Das Vorhaben CirQuality OWL wurde von 2019 - 2022 aus den Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie vom Land NRW gefördert.

Ansprechpartner

Ulrike Künnemann

Zirkuläre Wertschöpfung, Digitalisierung
Projektentwicklung

Telefon: +49 5251 2055 - 915

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Michael Kemkes

Fördermittelberatung
Geschäftsführer

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Mobil: +49 172 930 2731

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