4. Treffen der Austauschplattform zirkuläre B2B Elektronik

„Elektronikreparatur: Ein erfolgreiches Geschäftsmodell in der Circular Economy?“

Die Austauschplattform „Zirkuläre B2B Elektronik“ war am 09. Mai 2023 für ihr viertes Treffen zu Gast bei der CTDI Schloss Holte GmbH in Schloß Holte-Stukenbrock. 32 Vertreterinnen und Vertreter von Herstellern, Entsorgern, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, von Netzwerken und Verbänden aus der Region und NRW sowie des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums (MUNV) NRW nahmen am Netzwerktreffen teil. Diesmal ging es um das Thema „Elektronikreparatur: Ein erfolgreiches Geschäftsmodell in der Circular Economy“

Cornelius Laaser vom MUNV NRW startete mit einem Ausblick über aktuelle politische Entwicklungen in NRW. So ist die NRW-Kreislaufwirtschaftsstrategie mittlerweile mit der nationalen Strategie sowie mit der EU-Strategie abgestimmt. Diverse Förder- und Finanzierungsprogramme zur Umsetzung einer Circular Economy sind bereits verfügbar bzw. in Planung. Ergebnisse der Austauschplattform fließen in die NRW-Strategien ein.  

Dr. Christian Engel von der NRW EU-Vertretung / MBEM NRW gab einen Ausblick auf aktuelle und künftige gesetzliche Entwicklungen, die den Elektronikbereich betreffen wie regulatorische Maßnahmen durch Ökodesign, das Recht auf Reparatur, Vorgaben zu Elektro- und Elektronikabfällen im Rahmen der WEEE-Richtlinie sowie zu gefährlichen Stoffen im Zusammenhang mit der RoHS-Richtlinie. So müssen sich Hersteller im Rahmen der Ökodesign-Verordnung mit vielfältigen Anforderungen auseinandersetzen, die über eine Liste von Ökodesignkriterien wie z.B.  

  • Langlebigkeit und Zuverlässigkeit, 
  • Wiederverwendbarkeit, Nachrüstbarkeit, Reparierbarkeit, Wartung, Überholbarkeit, 
  • Vorhandensein von bedenklichen Stoffen, 
  • Energie- und Ressourceneffizienz, 
  • Anteil recycelter Materialien am Produkt, 
  • Möglichkeit der Wiederaufbereitung und des Recyclings, 
  • CO2-Fußabdruck und ökologischer Fußabdruck und 
  • erwartetes Abfallaufkommen.

und weitere definiert und perspektivisch noch erweitert werden. Im Fokus des Entwurfs der Ökodesign-Verordnung stehen die umfangreichen Informationsanforderungen. Diese beinhalten u.a. Angaben zu besorgniserregenden Stoffen, die dabei weit über die Informationsanforderungen nach Art. 33 REACH-Verordnung hinaus gehen und Angaben zur Installation, Verwendung und Reparatur. Die Art und Weise der Informationsvermittlung etwa über den digitalen Produktpass stellt eine maßgebliche Neuerung dar.  

In allen bisherigen Treffen wurde immer wieder das Problem der Abfalleigenschaft von Produkten thematisiert und wie dieses praktische Lösungen für Kreislaufansätze beeinträchtigt und Unternehmen bei neuen Ideen vor große Hürden stellt. Tanja Meinert vom MUNV NRW gab einen Einblick in die genauen Definitionen und nahm die Wünsche und Herausforderungen seitens der Unternehmen mit. (Foto rechts: Tanja Meinert, Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW erläutert die Definition der Abfalleigenschaft. Foto InnoZent OWL e.V.)

Nach einer spannenden Führung durch die Reparaturhallen stellte CTDI sein Geschäftsmodell vor. CTDI ist ein weltweites Full-Service-Unternehmen für Engineering, Repair&Logistik, gegründet vor mehr als 45 Jahren in der Garage der Familie Parsons in den USA. Mittlerweile hat das Unternehmen mehr als 20.000 Beschäftigte an über 100 Standorten weltweit, darunter 6 Standorte in Deutschland. Der Standort Schloß Holte-Stukenbrock existiert seit 1988 und beschäftigt 145 Mitarbeiter. Schwerpunktmäßig wird sich hier um Reparatur- und Dienstleistungen, Ersatzteilmanagement, Logistiklösungen sowie die Bereitstellung aller Daten und kundenspezifischer Reports gekümmert – insbesondere für Geldautomaten und Kassensysteme, den Multi-Vendor-Einzelhandel und die Ticketing Hardware, Medizintechnik sowie Mobilitätslösungen. (Foto rechts: Karsten Baum, CTDI Schloss Holte GmbH, stellt das Geschäftsmodell für Reparaturdienstleistungen vor. Foto InnoZent OWL e.V.)

Im Laufe der Jahre änderten sich die Eigentümer des Reparatur Centers und neben den Nixdorf Produkten wurden auch Produkte anderer Hersteller instandgesetzt. In der Zwischenzeit ist das Dienstleistungsspektrum grundliegend erweitert worden. Wurde Anfangs morgens ein LKW-Zug mit defekten Waren angeliefert und abends wieder repariert abgeholt, so bietet das Unternehmen seinen Kunden mittlerweile ein vielfältiges Dienstleitungsspektrum an.  

Zusammen mit seinen Kunden entwickelt CTDI Service und Logistiklösungen. Im Mittelpunkt steht hierbei die Verlängerung der Lebensdauer durch eine Reparatur oder Aufarbeitung. Im Rahmen von gemeinsam definierten präventiven Maßnahmen, lassen sich Betriebszeiten und Wartungszyklen darüber hinaus noch weiter verlängern. Die Entwicklung von Testsystemen garantieren effiziente Analyseprozesse. Durch ein internationales Netzwerk von Lieferanten kann jedes weltweit verfügbare Ersatzteil beschafft werden. Auch kosmetische Aufarbeitungen spielen eine Rolle. Eine eigene Lackiererei reduziert das Austauschen von zerkratzten oder abgegriffenen Gehäuseteilen. Mit Trockeneis werden Oberflächenverschmutzungen rückstandsfrei beseitigt. Mit dem Kunden gemeinsam definierte Customer Acceptance Tests gewährleisten eine hohe, gleichbleibende Qualität.

Karsten Baum verdeutlichte insbesondere noch einmal die Anforderungen für eine Circular Economy im Elektronikbereich. Auf der Produktebene spielen neue Designzielsetzungen, eine generelle Reparaturfähigkeit, eine einfache Demontage sowie ein modularer Aufbau auch zur Entsorgung (Stichwort Batterien) eine wichtige Rolle. Darüber hinaus sollten Produkte transportabel und falls nötig vor Ort vom Kunden / Techniker demontierbar sein.  

Auf der Marktebene geht es um die Entwicklung eines eigenständigen Marketingkonzeptes und das Schaffen von Akzeptanz bei den Kunden für die Kreislaufwirtschaft. Aufgearbeitete Produkte müssen für den Kunden attraktiv eingepreist werden können. Rechtliche Rahmenbedingungen bzgl. der Gewährleitung müssen berücksichtigt werden und ein Import / Export von gebrauchten Waren muss möglich sein (Stichwort Indien). Auf der Umsetzungsebene gilt es, logistische Prozesse zu implementieren, die operative Umsetzung zu definieren und erforderliche IT-Anpassungen vorzunehmen.  

Interessant sind auch die Vorteile einer Reparatur in Kombination mit einer Ersatzteilbevorratung. Die Ersatzteilbevorratung über einen langen Zeitraum birgt viele Risiken, häufig sind zu viele oder zu wenig Ersatzteile eingelagert. In Kombination mit einem Reparaturprozess lässt sich das Risiko und die Kapitalbindung vom ersten Tag an, minimieren. Eine Reduktion auf 20 % des geplanten Ersatzteilbestands stellt sicher, dass nicht reparable Baugruppen ausgetauscht werden können. Zum Ende des Lebenszyklus kann auf die Reparatur komplett verzichtet werden und die defekten Ersatzteile werden gegen den restlichen Lagerbestand ausgetauscht. Falls notwendig kann ein Refresh der Lagerbestände durchgeführt werden, um die Lagerfähigkeit zu verlängern.

Abschließend lässt sich zusammenfassen:  

  • Die Reparatur leistet einen wertvollen Beitrag im Prozess der Kreislaufwirtschaft. 
  • In vielen Bereichen sind Endkunden für nachhaltige Prozesse zu begeistern.  
  • Wenn ein repariertes / aufgearbeitetes Produkt angemessen eingepreist wird, ist es eine attraktive Alternative zum Neukauf.  
  • Es lassen sich ökologische und ökonomische Zielsetzungen verbinden. 
  • Lösungen und Prozesse sind etabliert und eine kurzfristige Umsetzung ist möglich.

In der weiteren Diskussion kam die Frage nach einer CO2 Bilanz für Reparaturen auf. Problematisch ist, dass hier häufig die erforderlichen Daten von Herstellern noch fehlen und die vermehrten Fahrten die CO2 Bilanz oftmals negativ werden lassen. Letztlich entscheidend ist die Frage, ob das Produktdesign auf Herstellerseite tatsächlich hin zu einer Reparaturfähigkeit verändert wird. Erste Ergebnisse der Austauschplattform sind bereits, dass sich Entwickler eines Herstellers mit einem Entsorger in Punkto Designanforderungen zusammengesetzt haben.  

Ein Ergebnis der Ideensammlung ist der Wunsch, sich mit anderen Unternehmen zusammen zu schließen, um Rezyklate in einer definierten und gleichbleibenden Qualität besser sourcen zu können.  

Wie geht es weiter? 
Auch dieser Nachmittag endete mit einer Ideensammlung:  

  • Wie können Unternehmen die zukünftigen Herausforderungen bewältigen? Wie können sich NRW und die Region Ostwestfalen-Lippe (OWL) dafür aufstellen? Welche Unterstützung wird benötigt? 
  • Können wir gemeinsam „ins Tun“ kommen? Können wir gemeinsame Initiativen aus OWL heraus (auch mit Förderung) auf den Weg bringen? 
  • Können wir gemeinsame Forschungs- / Entwicklungsvorhaben auf den Weg bringen - wie kann Zirkularität verstärkt werden, z.B. (geförderte) Forschungsprojekte, Bachelor-/Masterarbeiten, Design Thinking Prozesse, …? 
  • Was sind gemeinsame Anforderungen mit Blick auf mögliche zukünftige Wertschöpfungsnetzwerke?  
  • Welche Fragen muss ich mir als Unternehmen stellen, um in das Thema effizient und effektiv einzusteigen?

Diese Ideen werden in den nächsten Treffen weiter gesammelt und ausgewertet. Nach Möglichkeit sollen erste Initiativen auf den Weg gebracht werden.  

Das 5. Treffen findet am 25. Oktober 2023 statt. Gastgeber ist Miele in Gütersloh.  

Unsere Themen:  

  • Zirkularitätsansätze bei Miele
  • Überblick über Fördermöglichkeiten  
  • Initiierung von Kooperationen  

Über die Austauschplattform „Zirkuläre B2B Elektronik“:
Die neu initiierte Austauschplattform zirkuläre B2B (Business to Business) Elektronik zielt darauf ab, relevante Akteursgruppen auf NRW-Ebene zusammenzubringen, notwendige Rahmenbedingungen, Herausforderungen und Umsetzungshemmnisse im industriellen Elektronikbereich zu identifizieren und mit Blick auf konkrete Handlungsbedarfe zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund treffen sich Akteure aus dem B2B Elektronikumfeld - Hersteller, Entsorger, Verbände / Multiplikatoren, Wissenschaft & Forschung und NRW-Ministerien.

Mehr zur Austauschplattform finden Sie hier


Die Initiative wird getragen von InnoZent OWL e.V., in Zusammenarbeit mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Ruhr-OWL, der Fachhochschule Bielefeld / CirQuality OWL und den Ministerien für Umwelt, Naturschutz und Verkehr sowie für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Runden Tisches Zirkuläre Wertschöpfung NRW.

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Das Mittelstand-Digital Zentrum Ruhr-OWL gehört zu Mittelstand-Digital. Mit dem Mittelstand-Digital Netzwerk unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen und dem Handwerk.

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Ansprechpartner

Ulrike Künnemann

Zirkuläre Wertschöpfung, Digitalisierung
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